Winehead



Wein verstehen - Wein genießen



A. Sensoanalyse: Wie man Wein verkostet, um ihn zu genießen

Sie mögen Wein? Hier können Sie erfahren, wie Sie Ihr Objekt der Begierde besser verstehen und genießen können. Begleiten Sie uns in die Welt der Sinne. Ergänzen Sie ihr Wissen und üben Sie bewusstes Sehen, Riechen, Schmecken und Fühlen. Sie werden Weine und Rebsorten unterscheiden, beschreiben und das Preis-Leistungsverhältnis besser einschätzen können.

 

Im Selbstgespräch, im Austausch mit Familie und Freunden, beim Einkauf und bei der Kombination von Speisen und Getränken und zeigt sich dann der alltägliche Nutzen des erworbenen Wissens.


Sensoanalyse

Als Sensoanalyse bezeichnet man die Beschreibung und Bewertung eines Objektes mit den Sinnen. Ohren, Augen, Nase, Zunge, Mundschleimhaut und Haut sind die dafür beim Menschen vorhandenen Sinnesorgane.

 

Bei der Sensoanalyse handelt sich primär nicht um ein hedonistisches Vergnügen. Ziel der Sensoanalyse ist es, sensorische Kompetenz zu erhöhen und dadurch Urteilskraft zu stärken: Genuss durch Wissen. Wer die Inhaltsstoffe, die er riecht, schmeckt und fühlt (Haptik), erkennt, benennt und zuordnet, kann das sensorische Potential des Getränks in seinem Glas ausschöpfen und genießen. Die gewonnenen Erkenntnisse lassen sich, angepasst, auf alle anderen Lebensmittel übertragen und ermöglichen täglich genussfreudige Erlebnisse.

 

Sprache

Um Aussagen für sich selbst und Andere verständlich und somit nachvollziehbar zu machen, bedarf es einer klar definierten Terminologie, um objektive, reproduzierbare und wiedererkennbare Aussagen zu treffen. 


Methodik

Winehead hat eine deskriptive Methodik entwickelt, die sich an natürlichen Verhaltensweisen des Menschen orientiert. Sehen, direktes Riechen (orthonasale Olfaktion), Schmecken, Fühlen (haptisches Empfinden) und indirektes Riechen (retronasal) über den Rachenkanal bilden die natürliche Reihenfolge bei der Speisenaufnahme.


Objektive Beschreibung

Es gilt, die Sensoanalyse aufzuspalten, um die simultan auftretenden Empfindungen zu unterscheiden. Werden diese erkannt, identifiziert und ihrer Herkunft im Lebenszyklus des Weines zugeordnet, entstehen Wahrnehmungen. Diese lassen sich nun quantitativ Beschreiben und bilden die Grundlage für den qualitativen Teil der Sensoanalyse. Als Beispiel sei hier Säure erwähnt. Wie viel Säure (quantitativ) wird wahrgenommen? Passt die Menge zum Weintyp (qualitativ)?


Subjektive Bewertung

Nach Abschluss der fünf objektiven Phasen der Sensoanalyse steht die letzte Phase, die subjektive Wertung, im besten Fall als genussvolle, hedonistische Erfüllung, an.


B. Und so geht's...      Schritt für Schritt

Es gilt die Schritte der Sensoanalyse bewusst einzeln nacheinander durchzuführen, auch wenn viele der Empfindungen gleichzeitig in Erscheinung treten.


Die von Winehead entwickelte Verkostungsmethodik ist chronologisch aufgebaut, sie orientiert sich an dem natürlichen Ablauf der Speisenaufnahme und besteht aus 6 Phasen:


          Methodik zur Verkostung

Winehead Grafik Methodik zur Weinverkostung objektiv

  Grafik 1


Winehead Grafik Sensoanalyse Bewertung subkektiv

 Grafik 2


1. Phase, Augen: Sehen

Der Farbton eines Weines setzt sich aus einer Vielzahl von Einflüssen aus dem gesamten Entstehungs- und Reifungsprozess zusammen. Er kann Aufschluss über den Entwicklungsstand und somit über die Trinkreife geben; es lässt sich jedoch nur bedingt eine Aussage zur sensorischen Qualität ableiten. So entspricht beispielweise eine hohe Farbdichte nicht unbedingt einem breiten Aromaspektrum. 



Drei Eigenschaften beschreiben das Aussehen von Wein.

Klarheit: Die Farbreinheit misst die Anzahl der Schwebeteilchen in der Flüssigkeit.

Sättigung: beschreibt die Leuchtdichte der Flüssigkeit.

Farbton: bestimmt die Farbe innerhalb des Farbspektrums.


2. Phase, Nase: Riechen

Der Riechvorgang gliedert sich in zwei Phasen:

1. Zunächst erfolgt die direkte (nasale) Olfaktion durch die Nase. Schenken Sie den Wein in ein geeignetes Glas (geruchsfrei, transparent, dünnwandig, >400ml) und halten Sie Ihre Nase tief hinein und riechen Sie daran stoßartig, zwei -bis dreimal, ohne das Glas zu schwenken. Versuchen Sie, Ihre Riechempfindungen zu identifizieren: Was rieche ich? Schwenken Sie dann den Wein einige Male im Glas und wiederholen den Riechvorgang. Versuchen Sie mögliche Veränderungen zu erkennen.


2. Der zweite Teil des Riechens, die indirekte (retronassale) Olfaktion erfolgt, wenn der Wein sich schon im Mund befindet. Dort wird er erwärmt, gekaut und zusätzlich belüftet. Dadurch werden Aromen freigesetzt, die nun über den Rachenkanal zur Riechschleimhaut gelangen. 


Detaillierte Information zu Aromen finden Sie in unserem Artikel  "Aromen – Riechen" hier.

Winehead Grafik Riechen

Grafik 3


3. Phase, Mund: Schmecken, Fühlen und Riechen

3.1 Schmecken

Als Schmecken bezeichnet Winehead den chemischen Prozess, der die im Speichel gelösten Inhaltsstoffe für die Sinneszellen bereitstellt. Schmecken beruht somit ausschließlich auf der Funktion der Zunge: schmeckbare süße, saure, bittere, salzige und umami Stoffe in Empfindungen umzuwandeln, die dann trigeminal durch elektrische Reize an das Gehirn mandibular und maxillar weitergeleitet werden. Dort erfolgt die Zuordnung der Reize durch das Gehirn (Wahrnehmung).

 

Als Geschmack bezeichnet Winehead den sensorischen Gesamteindruck, der sich aus auditiven, visuellen, olfaktorischen, geschmeckten und haptischen Wahrnehmungen zusammensetzt. Die auditiven Attribute kann man bei Wein vernachlässigen. Bei Kartoffelchips sieht es anders aus.


Geschmack wird im deutschsprachigen Raum bei Lebensmitteln mit doppelter Bedeutung (Schmecken + sensorische Gesamtbewertung) verwendet. Dies führt zu Konfusion und zu Verwechslung mit Schmecken (Wahrnehmungen der Zunge: süß, sauer, bitter, salzig, umami).


Attibute, die beim Schmecken zu berücksichtigen sind.

Winehead Grafik Schmecken

Grafik 4

3.2 Mundgefühl - haptische Eigenschaftem

Konzentrieren Sie sich auf das Mundgefühl (haptische Empfindung durch die Mundschleimhaut). Haptisches Empfinden drückt aus, wie ein Stoff sich anfühlt. Versuchen Sie, Ihre Empfindungen den haptischen Eigenschaften zuzuordnen, die in der folgenden Abbildung dargestellt sind. So wird Empfindung zu Wahrnehmung.


Attribute, die beim Fühlen zu beachten sind.


Fühlen 1

Mechanorezeptoren in der Mundschleimhaut, in den Wangen, am Gaumen sowie auf der Zunge nehmen Reize auf.

Winehead Grafik Fühlen 1

Grafik 5

Fühlen 2

Adstringenz, Schärfe und Temperatur werden über freie Nervenenden des Trigeminusnervs an das Gehirn übertragen.

Winehead Grafik Fühlen 2

Grafik 6

Haptik: drückt aus, wie ein Stoff sich anfühlt. Dafür gibt es vier verschiedene Rezeptortypen im Mundraum. Diese empfinden Festigkeit, Temperatur, Schmerz, Bewegung und Position. Dadurch wird die Evaluation von Adstringenz, Fülle, Gewicht, Größe, Oberflächentextur, Schärfe, Schmerz, Temperatur, Viskosität und Volumen möglich. Bei Wein findet die Empfindung durch die Mundschleimhaut (Lippen, Zunge, Gaumen, Rachen und Backen) statt und wird als mechanischer Reiz (z.B. Adstringenz, hervorgerufen durch Phenole), als Viskosität (Zähflüssigkeit), als Ausdruck mineralischer Effekte, als Schärfe oder als Temperatur (Vasodilatation, z.B. durch Alkohol) wahrgenommen.

Die dafür zuständigen, hochsensiblen Sinneszellen finden sich unter der Haut des Menschen verteilt über den ganzen Körper. Sie können Teilchen von einer Größe von 20-25 Micra unterscheiden.

3.3 Retronasal, indirekte Olfaktion

Der Zeitpunkt ist gekommen, sich auf die indirekte Olfaktion durch den Rachenkanal zu konzentrieren. Der gekaute, somit erwärmte und dadurch veränderte Wein, setzt Aromen frei, die nicht unbedingt schon bei der direkten Olfaktion sensorisch präsent waren. 


4. Phase: Nachhall

Auch Abgang genannt, benennt Finale das Zusammenspiel aller sensorischen Eigenschaften (olfaktorisch, geschmeckt, haptisch, retronasal), nachdem das Getränk geschluckt wurde. 


5. Phase: Gesamteindruck

5.1 Ist der Wein trinkreif?

5.2 Ist der Wein harmonisch?

5.3 Ist der Wein komplex?

5.4 Hat der Wein Lagerpotential?


6. Phase: Persönliche Bewertung

6.1 Schmeckt Ihnen der Wein?

6.2 Halten Sie den Preis für angemessen?

6.3 Zu welchem Gericht passt der Wein?