Aromen - Riechen

Winehead

Aromen - Riechen


Bei der Verkostung erfolgt nach der optischen Begutachtung des Weins die Empfindung der aus dem Glas aufsteigenden Aromen mit dem Riechorgan des Menschen. Als Riechen bezeichnen wir den chemischen Nahsinn, der Aromen aufnimmt, diese in der Riechschleimhaut löst und dort in elektrische Impulse für den Riechkortex im Gehirn verwandelt.

 

Aromen stellen den mit Abstand quantitativ bedeutsamsten Bestandteil des sensorischen Ausdrucks von Wein (ca. 85%) dar, obwohl sie nur ca. 0,05% seiner Bestandteile ausmachen.

 

Der Geruchssinn folgt evolutionär dem des Schmeckens. Als Lebewesen begannen das Wasser zu verlassen, entwickelten sie den Geruchssinn. Dieser war bei der Identifizierung von Lebensmitteln, Giftstoffen, sexuellen Duftstoffen, bei der Markierung ihres Territoriums und der Erkennung des Nachwuchses hilfreich. Im Gehirn entstanden spezifische Areale für diesen neuen Sinn, ein Teil der Schmeck-Rezeptoren spezialisierte sich auf olfaktorische Reize.

 

Riechen - aber wie?

Der Riechvorgang gliedert sich in zwei Phasen:

1. Zunächst erfolgt die direkte Olfaktion durch die Nase. Schenken Sie den Wein in ein geeignetes Glas (geruchsfrei, transparent, dünnwandig, >400ml), halten Sie Ihre Nase tief hinein und riechen Sie daran stoßartig, zwei -bis dreimal, ohne das Glas zu schwenken. Versuchen Sie, Ihre Riechempfindungen zu identifizieren: Was rieche ich? Schwenken Sie dann den Wein einige Male im Glas und wiederholen den Riechvorgang. Versuchen Sie mögliche Veränderungen zu erkennen.


2. Der zweite Teil des Riechens, die indirekte Olfaktion, auch retronasale Phase genannt, erfolgt, wenn der Wein sich schon im Mund befindet. Dort wird er erwärmt, bewegt und zusätzlich belüftet. Dadurch werden Aromen freigesetzt, die nun über den Rachenkanal zur Riechschleimhaut gelangen. 

Tipp: Die menschlichen Sinnesorgane reagieren auf Veränderungen. Wenn Sie zu lange an dem Wein riechen, sinkt ihre Empfindsamkeit.

Für die Identifikation von Aromen müssen eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein:

  1. Aromen müssen flüchtig sein, das Medium Wein verlassen, damit sie an den Riechzellen andocken können. Die Flüchtigkeit der Aromen hängt von der Temperatur ihres Mediums ab. Niedrige Temperaturen verringern diese, während hohe Temperaturen sie erhöhen.
  2. Aromen müssen die Empfindungsschwelle des Verkosters überschreiten. Diese kann von Mensch zu Mensch variieren.
  3. Die Verkostung erfordert eine geruchsfreie Umgebung.
  4. Der Verkoster muss Aromen kennen, um sie zuordnen zu können, er muss sie in seiner persönlichen „Aromabibliothek“ gespeichert haben.


Die Wiedererkennung und Zuordnung der Aromen erfordert Ausbildung, Konzentration, Kalibrierung, Erinnerung sowie kontinuierliche Übung. Die Belohnung besteht aus objektiven, reproduzierbaren und wiedererkennbaren Aussagen: Genuss durch Wissen. Wissen, dass der Kommunikation mit Gleichgesinnten dient.

 

Woher kommen die Aromen im Wein?

Viele Aromen sind schon als Vorstufen in der Traube enthalten und werden erst in den verschiedenen Phasen der Weinerzeugung synthetisiert. Mahlen der Beeren, Maischen, Erhitzen, Kühlen, Klären und Gären bilden die Grundlage für chemische, enzymatisch-chemische und thermische Reaktionen.

 

Aromen lassen sich somit, ihrem Ursprung entsprechend, in drei Arten unterteilen. In der Beere befinden sich die meisten Primäraromen (fruchtig-würzig) in der Beerenhaut. Sekundäraromen entstehen während der Gärung. Als Tertiäraromen bezeichnet man alle Primär- und Sekundäraromen die sich im Wein weiterentwickeln sowie alle jene, welche durch Reifung und durch Ausbau (z.B. im Holz) hinzukommen.

Wie viele Aromen können es sein?

Bis heute wurden weit über 800 Weinaromen identifiziert, von denen aber nur einige sensorisch relevant sind. Intensität und Breite des aromatischen Spektrums variieren je nach Weintyp und hängen von der Rebsorte, vom Weinbau, von der Weinbereitung und der Weinreifung ab. Die Anzahl der bekannten Aromen wird mit dem Fortschritt der Wissenschaft und der Entwicklung von Analysemethoden zunehmen.

 

Welche Aromen können im Wein enthalten sein?

Als Orientierung können hier die verschieden Aromaräder für Wein dienen. Dort finden Sie die Aromen, die Sie für Beschreibung, Bewertung und Genuss der meisten Weine, getrennt in Weiß- und Rotweine, verwenden können. Die Einteilung beruht auf der von Emile Peynaud 1968 in seinem Standardwerk Le Gout du Vin publizierten Klassifizierung, die auf Assoziationen beruht.

 

Wir haben die ursprüngliche Reihenfolge der Klassifizierung geändert. Sie trägt nun dem Aromaspektrum moderner Weine mit ihrer nie gekannten Frucht Rechnung. Hinzu kommt, dass ungeübte Verkoster sich eher an Fruchtaromen denn an vegetabile erinnern und diese somit eher zuordnen können. Wir haben zudem die Zuordnung um die Aromagruppe „Defekte/Weinfehler“ ergänzt.


Aromaklassifizierung

 

Primäraromen

1.      fruchtig

Zitrone, Apfel, Birne, Aprikose, Pfirsich, Kirsche, Erdbeere, rote Johannisbeere + Reifegrad


2.      vegetabil/balsamisch

Eukalyptus, Minze, Rosmarin,


3.      floral

Veilchen, Lindenblüte, Rose, Akazie



Sekundäraromen

4.      chemisch

Schwefel, Essig, Zwiebel, Alkohol, Hefenoten


5.      Ester

Fruchtester



Tertiäraromen

6.      Rauchig/karamellisiert/holzig/tierisch

Kaffee, Karamell, Schokolade, karamellisierter Zucker

Eiche Natur,  unterschiedlich stark geröstetes Eichenholz, altes/feuchtes Holz, Spanplatte


7.      würzig

Nelke, Pfeffer, Zimt, Muskat, Vanille
 

8.      Animalisch

Alkoholisch, Pferd, Schweiß, Joghurt



Weinfehler

9.      Defekte/Weinfehler

Kork, Oxidation, Essigstich, Böckser


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